Page 42 - Konsens 2015
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NACHRUF
Nachdem sie sich alle Schul- und Lehr- abschlüsse allein erarbeitet hatte, konnte sie 1957/58 ein halbes Jahr Französisch an der Sorbonne studieren und erwarb ihr Diplome de la Langue Francaise. Aufgrund ihrer Kompetenz und ihrer kaufmännischen Fähigkeiten wurde sie in den sechziger Jah- ren von ihrem damaligen Arbeitgeber der Deutschen Bank als eine der ersten Frau- en nach London und New York geschickt, wo sie sich in der von Männern dominier- ten Welt beharrlich durchsetzte.
Schnell merkte sie jedoch, dass ihr als Frau die Karrierechancen ihrer männlichen Kollegen vorenthalten wurden.
Mit 40 Jahren legte Karin die Hochschul- zugangsberechtigungsprüfung ab, um da- raufhin in Hamburg BWL, VWL und Eng- lisch zu studieren mit dem Abschluss Diplom-Handelslehrerin.
Anschließend arbeitete sie 23 Jahre bis zur Pensionierung als Lehrerin im berufs- bildenden Schulwesen. Zurück in Lübeck engagierte sie sich in der 1975 gegründe- ten Bürgerinitiative „Rettet Lübeck“ gegen die brutale Abbruchwelle in der Altstadt und kaufte einen alten Zuckerspeicher. Mit gegenseitiger Hilfe innerhalb der Bürger- initiative baute sie dieses historische Ge- bäude zu einem schmucken Wohnhaus um.
Als sie vor wenigen Jahren aus Alters- gründen dieses Kleinod verkaufen musste, ließ sie uneigennützig den Erlös ihrer Stif- tung zufließen.
Im April 1995 trat Karin in den DAB Lü- beck ein, dem sie schon Anfang 1996 als
frisch gebackene Pensionärin neuen Schwung verlieh. Als „Retterin“ wurde sie zur 2. Vorsitzenden und Schriftführerin ge- wählt, später wurde sie für viele Jahre zur Schatzmeisterin gewählt.
1998 vereinbarten Bettina Jansen-Schulz und Karin Witte mit dem Arbeitsamt Lü- beck „ Maßnahmen zur Berufsorientierung mit Bewerbungstraining für arbeitslose Aka- demikerinnen“. An den Seminaren für Hochschulabsolventinnen beteiligte Karin sich mit anderen Mitgliedern der DAB- Gruppe Lübeck sieben Jahre lang. Leider gab es durch eine Gesetzesänderung kei- nen Markt mehr für solche Lehrgänge, so- dass diese Art der Weiterbildung 2004 ein Ende hatte. Diese Seminare brachten uns neue Mitglieder.
Ihr Anliegen, junge Menschen beruflich zu fördern, führte sie 2004 mit der Grün- dung der „Karin Witte Stiftung“ fort. Vorbild war ihr die Familienstiftung von 1610 ihres Vorfahren Nicolaus Gercken, Syndicus des Domkapitels zu Magdeburg.
In dem Bewusstsein, dass Deutschland als rohstoffarmes Land seine vorhandenen Stärken in Bildung, Wissenschaft und Kul- tur ausbauen muss, um international kon- kurrenzfähig zu bleiben und damit den hohen Lebensstandard zu erhalten, zeich- nete sie seit 2005 herausragende Leistun- gen junger Menschen in Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Naturwis- senschaften aus.
Wir schätzten Karins wachen, kritischen Geist, ihren Gerechtigkeitssinn, ihre Unei-
gennützigkeit, ihre Bescheidenheit und ihre Weltoffenheit.
Wir haben einen großartigen Menschen und eine wertvolle Freundin verloren. Wir werden sie fest in unserem Herzen behal- ten und hoffen, dass mit ihrer Stiftung ihr Wille über ihren Tod hinaus fortgesetzt wird, junge Menschen in Kultur, Bildung und Wissenschaft zu fördern und diesen zu internationalem Austausch und Weitblick zu verhelfen.
Für den DAB Lübeck:
Gisela Roth, Dr. Martina Walther,
Dr. Helga Kayser, Bettina Jansen-Schulz und Elisabeth Wegener .
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Karin Witte
Weitere Gedenken:
Dr. Hildegard Mulert, 65183 Wiesbaden, Weilstraße 6, Einzelmitglied, verstorben am 24.05.2015 Prof. Dr. Karin Roth, 79244 Münstertal, Moosweg 2, Ehrenmitglied, verstorben am 25.03.2015
D-A-CH-TREFFEN 2016
in Frankfurt/Main vom 05. bis 08. Mai
Anmeldungen bei Dr. Rosemarie Killius (Rosemarie@Killius.eu) ab sofort und nur bis zum 01. März 2016 möglich.
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KONSENS 3+4/2014